Seit seinem Inkrafttreten 2007 liefert das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) die Grundlage für Sonderbefristungen wissenschaftlicher Stellen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Ebenso wie viele weitere Fachgesellschaften hat sich die Gesellschaft für Hochschulgermanistik im DGV bereits mehrfach zum WissZeitVG positioniert – 2019 in einem eigenen Positions- und Diskussionspapier „Karrierewege und Beschäftigungsstrukturen in der Germanistik“ und zuletzt im März 2021 durch eine Mitzeichnung der von der Gesellschaft für Medienwissenschaften initiierten „Stellungnahme zur Situation von befristet angestellten und verbeamteten Wissenschaftler_innen während der Corona-Pandemie“.
Die kontroverse Diskussion über den Nutzen und die Nachteile des WissZeitVG wird seit dem 10. Juni 2021 in den sozialen Medien weitergeführt. (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen, die in befristeten und hierdurch prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, bekommen auf Twitter, Instagram und Facebook durch den Hashtag #IchBinHanna ein Gesicht. Worum es bei diesem Hashtag geht, wird auf der Website des Hashtags so erklärt:
#IchBinHanna ist ein […] Twitter-Trend, der auf ein Erklärvideo des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) reagiert. In diesem Video wird die durch das Sonderbefristungsrecht ermöglichte umfassende Befristungpraxis in der Wissenschaft als notwendige Voraussetzung für Innovation dargestellt und von der Gefahr der ‚Systemverstopfung‘ gesprochen, sollte man Wissenschaftler*innen Normalarbeitsverhältnisse anbieten. [Der Hashtag] ist benannt nach der fiktiven Figur, anhand derer die vermeintlichen Vorteile des WissZeitVG im Video veranschaulicht werden. Tausende Wissenschaftler*innen haben spontan reagiert und mit ihren persönlichen Geschichten auf Twitter sehr anschaulich erzählt, warum sie sich mit Hanna identifizieren […].
Bis Ende Juni 2021 sind über den Hashtag #IchBinHanna nicht nur viele individuelle Berichte gesammelt worden, auch diverse Fachgesellschaften haben sich in die Diskussionen eingebracht. Am 28. Juni 2021 veröffentlichte der Verband Digital Humanities im deutschsprachigen Raum seine „Stellungnahme des DHd-Verbands zur Befristungspraxis an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland“. Die Stellungnahme geht von der Prämisse aus, dass Wissenschaftler*innen, die an deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen arbeiten, bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit in Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Selbstverwaltung verdienen. Einen Tag später, am 29. Juni 2021, initiierten die Deutsche Gesellschaft für Amerikastudien (DGfA), der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. (VHD) und die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) eine „Erklärung zahlreicher Wissenschaftsverbände zur Prekarität wissenschaftlicher Laufbahnen und #ichbinhanna“. Die unter der Überschrift „Wissenschaftszeitvertragsgesetz abschaffen – Grundfinanzierung der Universitäten stärken“ verfasste Erklärung richtet sich an Ministerin Anja Karliczek und fordert eine kritische und vollständige Evaluation der Auswirkungen des WissZeitVG auf die Situation von Wissenschaftler*innen an deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Die Gesellschaft für Hochschulgermanistik im DGV ist nach der Veröffentlichung dieser beiden Positionierungen von vielen Wissenschaftler*innen – GfH-Mitgliedern und Externen – kontaktiert und nach ihrer eigenen Positionierung in der Kontroverse rund um den Hashtag #IchBinHanna gefragt worden. Die GfH im DGV unterstützt die Forderungen nach einer kritischen Revision des WissZeitVG ausdrücklich und hat sich nach einem klaren Mehrheitsvotum innerhalb des Vorstands am 6. Juli 2021 beiden Positionierungen als Mitzeichnerin angeschlossen.
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